„Mord!“ – Mit Anführungsstrichen! Schon der erste Teil der Geschichte hatte einen angenehmen Retro Look mit eindeutig deutscher Färbung. Zumindest in diesem Punkt übertrifft der zweite Teil seinen Vorgänger. An vielen Stellen sieht dieser Comic wie die kommunistische Version des Film-Klassikers „Metropolis“ aus. Aber auch Erinnerungen an „Der dritte Mann“ oder „M – eine Stadt sucht einen Mörder“ werden wach.

Doch der Reihe nach. „Mord!“ beginnt langsam. Immer noch regieren die Vampire Berlinoir. Nialls Taten haben auf den ersten Blick nur wenig ausrichten können. Zu allem Unglück für die sterblichen Rebellen haben sie nach dem Tod des alten Anführers keinen Kopf mehr, denn Niall will von den Rebellen nichts mehr wissen. Leidet er an einem gebrochenen Herzen oder an verletztem Stolz? Seine Liebe zu der Vampirin Hellen ist ausgenutzt worden – sein Wille scheint gebrochen.

Da erschüttern grausame Morde die Stadt der Blutsauger. Treibt ein Werwolf sein Unwesen? Vor diesem Hintergrund schildert der zweite Band eine Menge kleinerer Einzelheiten aus Berlinoir. Wie sich der Klerus mit den Mächtigen arrangiert hat, wie die Verlockung des ewigen Lebens die Familien entzweit, wie der Profit Moral beiseite fegen kann und wie ein einfacher Mann eine Stadt in Atem halten kann.

Meissner spielt mit vielen Versatzstücken. Sind Werwölfe unwissende Vampire, die sich in Wölfe verwandelten, aber diese Kunst nicht richtig beherrschen? Solche Ideen machen aus einer einfachen Horror-Story eine lesenswerte Variation eines alten Themas. Hart aber ungerecht: Da wird einmal einer der Verleger des Comics in diesem gewürdigt, da muss er nach drei Bildern schon wieder sterben. Und dabei war Uwe Garske auf der Buchmesse noch sehr lebendig. Lasst uns einige letzte Biere auf sein Wohl leeren!

In einer Szene fühlt sich der Leser fast wie in einem der sich gut verkaufenden Asterix-Mundart Bände. Ick glob, mir wird echt berlinerisch – wa? Wer also auf regionale Idiome steht, muss diesen Band kaufen – jawoll!

Kleist ist hier noch stylischer als in Band eins. Retro, aber das Gegenteil von Art Deco. Mehr wie eine Reise in die DDR von 1990. Oder Schwarz/Weiß trotz der Farbe. Nicht einfach zu beschreiben, aber schon wegen seiner Eigenständigkeit sehenswert.

Auf eine hintersinnige und ruhige Art macht dieses Comic über eine lange Strecke Spaß, nur das Ende wirkt wie unter Zeitdruck und Formatzwang fertig gemacht. Das Niall noch einmal auftaucht ist wichtig, passt aber nicht. Die Auflösung der Mordserie ist ohne Höhepunkt geschrieben. Und dann ist dieses Album einfach zu Ende.

Mord ist ein typischer zweiter Teil, der nach einer furiosen Nummer eins der Geschichte mehr Tiefe geben will. Das schafft „Mord!“ auch gelungen – wären da nicht die letzten Seiten.

Das schöne Format mit Übergröße und Hardcover zu einem fairen Preis macht dann wieder einiges wett – aber es bleibt ein fahler Geschmack. Der ist viel zu bitter, den Mord hat viel Potenzial.

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