Es ist eine Kunst, Gefühle auszudrücken. Weil es aber so schwierig ist, wird es leider immer mehr vernachlässigt. Brillierte das Kino vor Jahrzehnten noch mit einfühlsamen Milieustudien gibts heute nur noch mit der groben Kelle. Hauptsache es explodiert oder sieht gut aus. Bei den Comics ist das nicht anders. In der Post-Heftchen-Schwämme-Zeit wird der Markt mit franko-belgischer, japanischer und amerikanischer Mainstream-Ware eingedeckt. Das hat ja auch seinen Reiz und seine Glanzlichter. Aber im Schatten des Überflusses gedeihen einige zarte Pflänzchen der Unangepasstheit. In die Reihe von Strapazin und Reprodukt stellt sich auch der Berliner "der·eigen·verlag" ein.

Dirk Schwieger ist mit den ersten beiden Nummern von "Ineinander" eine abwechslungsreiche und eigenständige Bildergeschichte gelungen. Es scheint eine lebhafte Aneinaderreihung von bildgewordenen Gedanken und Reflexionen zu sein. Wer sich einlassen kann, wird von einer Woge an Assoziationen mitgenommen in die Welt von Pablo. Kein Ahnung, wer Pablo ist oder wo er lebt. Eigentlich auch egal. Schwieger spielt mit Bekanntem und Ungewöhnlichem. Klar hört man ein Gespräch aus der Ferne nur bruchstückhaft. Nur die Ausrufe dringen klarer an das Ohr des Zeugen. Grau hinterlegte, schwer lesbare Sprechblasen vermitteln dieses Gefühl des Sich-konzentrieren-Müssens. Oder schon mal Gesichter in den Wolken gesehen? Pablo liest in der Gischt. Buchstaben formen sich und bleiben unfassbar. In Gedanken versunken vermischen sich Ideen und Erinnerungen.

Es folgt ein kurzes Spiel mit Drinnen und Draußen auf rein grafischer Ebene. Ein langes Gedicht beendet den ersten Band der auf dreizehn Hefte angelegten Reihe. Im zweiten Heft geht es ebenso unterhaltsam wie abwechslungsreich weiter. Tagträumereinen auf den Pinselstrich gebracht, der Versuch eines Flirts und einige nutzlose Minuten im Leben eines Anrufbeantworters.

Die Bilder sind eigenständig genug um nicht immer der klassischen Schule treu bleiben zu müssen. Auch hier spielt Schwieger mit Stilmitteln. Am Beginn die japanischen Schaumkronen, dann Unschärfe-Effekte aus dem Film und am Ende des zweiten Heftes ein schönes Bild eines dreiteiligen Badezimmer-Spiegelschränkchens mit dreiteilig gebrochenen Sprechblasen.

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