Früher deutete der alte Herr unter den deutschen Comicverlagen Carlsen mit dem Label Comic-Art auf vermeidlich gehobenere Comic-Kunst hin, nun gibt es die Auszeichnung als graphic novel. Trendig in kleinschreibung (;0) aber leider nicht passend zum Covermotiv ziert dieser Hinweis auch den mittelformatigen Hardcoverband „Der Leuchtturn“. Welch ein Glück, dass außer dem Titel und dem Verlagsnamen alle unvermeidlichen Zusätze wie Preis und ISBN Code auf der Rückseite sind, so stört nichts das wundervolle Bild eines Mannes und der Basis eines Leuchtturms auf dem Titel. In fast romantischer Manier blicken wir über die Schulter des fast jugendlich wirkenden Helden der Geschichte, die weder Biografie noch Abenteuer ist.

Kräftig sind die Farben und der Strich von Bruno Le Floc'h, kräftig und rau ist die See und auch der Mensch passt sich dieser Umwelt an. Bevor der namenlose Ingenieur aus der Stadt mit den Leuten von der Küste warm wird, vergehen die meisten Seiten dieses Comics.

Der Ingenieur soll einen Leuchtturm auf einem nur selten vom Wasser freigegebenen Felsen vor der Küste Frankreichs bauen. Die weltfremden Vorgaben der Behörde im Genick und die erbarmungslose Härte der Natur auf der anderen Seite scheinen sein Vorhaben unmöglich zu machen. Dazu noch die unverhohlene Ablehnung der Dorfbewohner, der Ingenieur hat es hier verdammt schwer. Aber mit der Zeit scheint es, als sei das verlangsamte Leben am Meer mit seiner Härte und seiner Schönheit die neue Heimat, die der Ingenieur früher nicht kannte, nicht sucht aber nun zuerst widerwillig, dann aber nur zu gerne für sich annimmt.

Die großen Ereignisse im Leben wie Liebe und Tod passieren, aber eher nebenbei. Wichtiger ist das Warten auf den richtigen Augenblick, das Abwägen der Möglichkeiten und die Entwicklung des Ingenieurs vom Fremden zum Mitmenschen. Und nebenbei wird dann auch noch nach etlichen Rückschlägen der Leuchtturm gebaut.

Die Geschichte ist unruhig, aber sanft. Ganz im Gegensatz zu den kräftigen Strichen der Bilder ist die Erzählung beiläufig. Das Ende ist keines. Über 60 Seiten lang baut sich die Geschichte auf, wird von Liebe und Enttäuschung getragen, um dann einfach so mal aufzuhören. Es bleibt Verwunderung über den Comic zurück. Über große Strecken wunderschön und einfühlsam erzählt, um dann einfach so zu Ende zu sein. Am Ende fehlt was.

Das ändert aber nichts an der Schönheit der Bilder. Immer wieder leist man zu Recht die Nähe zu Hugo Pratts Corto Maltese. In beiden Geschichten gewinnen die einfachen und stimmungsvollen Bilder das Herz des Lesers. Dabei ist Floc'h der gefälligere der Beiden Zeichner. Seine Figuren wirken kindlicher und leichter, seine Bilder leben durch die vielen Details, die Pratt bewusst auslässt. Die Farben ergänzen die Zeichnung, geben harte farbige Schatten, gaukeln noch mehr Detail vor.

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