Sillage ist das aktuelle Flagschiff der franko/belgischen SF-Comics. Und das zu Recht. Hier sind Zeichnungen und Story einfach klasse.

Wer die Serie noch nicht kennt: Nävis ist ein Mensch und wurde als einzige Überlebende eines Raumschiffabsturzes in den Raumschiffverbund Sillage aufgenommen. Sie ist etwas Besonderes, denn in Sillage ist Gedankenlesen etwas völlig Normales, nur Nävis Gedanken sind nicht lesbar. Sie wird zu einer Agentin ausgebildet.

Morvans Bilder sind zur rechten Zeit monumental, reduziert, verspielt oder beschreibend. Das Trümmerfeld ist voller kleiner und großer nicht definierbarer Teile, die Stadt auf der ersten Seite detailliert bis zu befahrenen Straßen und seine Action-Sequenzen reduzieren den Hintergrund auf einige Speedlines. Die Raumanzüge der Figuren sind den verschiedenen Physiognomien angepasst und gigantische Raumschiffe sehen einfach gigantisch aus. Natürlich erkennt man seine Handschrift bei allen Designs, aber er schafft es, mal kantige, mal organisch anmutende Raumschiffe zu zeichnen. Diese Vielfalt verschafft der Science-Fiction Welt dieser Serie einen Tick Realität. Natürlich kann man immer wieder gewollte oder ungewollte Parallelen zu anderen Serien erkennen: Der kleine Außerirdische im Helm der Heldin dieser Serie erinnert an „Man in Black“, das Parlament scheint aus „Krieg der Sterne“ zu sein und die Halbmondschiffe erinnern an Lawrences „Trigan“ - aber es passt.

Die Story ist eine typische Agentenstory, bei der es lange nicht klar ist, wer hier wessen befehle ignoriert und wer eigentlich wen hinters Licht führt. Nävis soll in eine Gang eingeschleust werden, aber kurz vor ihrem Erfolg wird die Mission plötzlich abgebrochen. Doch die rebellische Frau widersetzt sich dem Befehl ihres Vorgesetzten und ermittelt auf eigene Faust weiter. Was sie herausfindet, oder was ihr präsentiert wird, lässt ihre Weltordnung ins Schwanken geraten. Doch das soll nicht das Einzige bleiben, was auf diesen 48 Seiten zu Bruch geht. Am Ende ist Nävis Schicksal in Sillage völlig offen. Sie wird von den Medien gejagt und muss feststellen, auch sie ist nicht unschuldig an der Versklavung eines Volkes.

Buchet gelingt es, aus der recht typisch verwirrenden Agentenstory ein mitreißendes Stück Gesellschaftskritik werden zu lassen. Da wird aus „Krieg der Sterne“ ein „Panzerkreuzer Potemkin“ und der Leser hat dabei seinen Spaß. Aus Manipulation wird Versklavung, und das kann man so ruhig als Lebensweisheit oder sozialen Automatismus stehen lassen. Klar ist die Geschichte so richtig erwachsen, alle Handlungen - auch die der Heldin - haben Konsequenzen, und die sind hier katastrophal. Da gibt es kein „So, jetzt hast du es gelernt, jetzt sind wir wieder alle gut zueinander“. Und unterhaltsam ist es ebenso. Diese beiden guten Eigenschaften können nur wenige Geschichten vorweisen, Sillage macht das scheinbar mit links.

Als Einstiegsband funktioniert der neunte Band der Serie nicht schlecht. Nicht zu oft wird auf Geschehnisse in den bereits erschienen Alben referenziert. Für den Stammleser ist die Geschichte aber schlüssiger. Das Ende beschließt diese Geschichte zufriedenstellend, lässt Nävis Zukunft aber völlig offen. Wird sie weiter als Top-Agentin für Sillage arbeiten können? Wird sie gejagt werden? Wo zu eindeutige „Fortsetzung folgt“ Kaufaufforderungen den mündigen Leser ermüden macht eine so rund erzählte Geschichte Lust auf den nächsten Band der Serie.

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