Wäre die Farbe des Einbandes Blau und nicht Rot, man könnte diesen Comic mit dem vielfach ausgezeichneten „Blankets“ verwechseln. Beides sind autobiografische Geschichten, beide haben auch eine Liebesgeschichte zu erzählen, beide haben ein ähnliches Format in puncto Dicke, Broschur und Einfarbigkeit. Sogar der Zeichenstil ähnelt etwas. Doch wo Blankets mit einer schonungslosen Offenheit eine sehr lineare und herzerwärmend naive Geschichte erzählt nimmt „Blaue Pillen“ den Leser an die Hand und unternimmt mit ihm eine Reise durch nachgefragte Ängste und spürbar erinnerte Erfahrungen rund um das allgegenwärtig präsente und gleichzeitig verdrängte Thema Aids.

Die ersten Bilder sind wirr, und kein Text nimmt dem Leser das hilflose Gefühl, die Unsicherheit auf diesen ersten Seiten. Sind seltsam Bilder, voller persönlicher Assoziationen aber ohne führende Wörter überhaupt ein Comic? Glücklicherweise wird es schnell vertraut: Frederick und seine Freundin Cati stehen auf dem Balkon ihrer kleinen Wohnung in der Stadt und schimpfen über Ärzte. Der Klappentext verrät, dass Cati und ihr Sohn HIV positiv sind. Klar schimpfen die beiden über Ärzte. Aber „Blaue Pillen ist alles andere als eindeutig und vermeidet Plattitüden, wo es geht. So auch die Beziehung der beiden zu Ärzten. Frederick erzählt von Catis Hausarzt, der ihm mal Angst nimmt, mal Mut macht und dann auch mal schlecht gelaunt und kurz angebunden ist. Menschlich halt.

Frederick Peeters blickt immer dann in die Vergangenheit, wenn die Geschichte es braucht. Wie sich das Verhältnis zu Catis Sohn entwickelte erzählt er, als der Kleine mal wieder im Krankenhaus liegt. Auch hier ist Aids das Thema, aber auch angst vor der Verantwortung, Liebe zu dem Kind und der Zwiespalt, den man als Erziehender verspürt, wenn man das erste Mal so richtig autoritär war.

Wer „Blankets“ lobte, muss „Blaue Pillen lieben. Genauso intim, deutlich strukturierter, vielleicht durch das Thema Aids wichtiger aber nie erzieherisch und am Ende ermutigend. Wo Blankets das unangenehme Gefühl des Voyeurismus hinterlassen konnte, macht Peeters Lust auf eine Begegnung mit Cati und ihrem Sohn und vielleicht auch mit Aids, mit der Gelegenheit die eigenen Ängste mal hinter sich zu lassen und die Arme zu öffnen.

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