"Mein Name ist Eva Stern, ich wurde mit diesem Jahrhundert geboren und werde ganz sicher auch mit ihm sterben. Ich kannte Freud, habe Stalin und Ghandi getroffen, Allen Ginsberg, Simone de Beauvoir und den Rolling Stones gelauscht, habe manche geliebt, andere verachtet, habe geweint, gehasst, gehofft, verlassen, verraten."

So beginnt ein ungewöhnliches Comic - ist es noch ein Comic? Es sind viele Bilder, manche Seiten in bekannter Comic-Manier, doch hauptsächlich sind es Bilder. Es gibt sogar eine Geschichte - und das ist nicht das einzige Spiel mit Begriffen in diesem Album. "Der XX. Himmel" erzählt eine Geschichte - die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Und die Geschichte einer alten Frau, Eva Stern, und ihrem Bruder. Der wollte sein Leben nicht mehr mitmachen und stieg aus - vielleicht wurde er zum Engel? Doch es ist nicht nur Evas Geschichte, die hier erzählt wird. Es ist auch die Geschichte einer gänzlich anderen Frau. Einer jungen Asiatin, Praktikantin der Psychologie und schwer verwirrt über ihren Bezug zu dieser seltsamen Kommunikation einer alten Frau und einem unbekannten e-Mail-Schreiber. Doch sind es keine Briefe die in dieser Geschichte über Geschichten die Seiten füllen, es sind Bilder. Viele bekannte Bilder sind darunter: Die Mondlandung, das verbrannte asiatische Kind, das die Straße herunterläuft. Viele Bilder sind natürlich erfunden - da wartet ein Engel auf ihren Engel und sieht in einem Monitor Teile der Geschichte des Bruders von Eva Stern. Und immer wieder "Ich bin ewig".

Yslaire schuf mit "Sambre" (ebenfalls bei Carlsen) eine ergreifende Liebesgeschichte. Seine neues Album ist noch metaphysischer und leider auch weniger zugänglich. Zu penetrant wird das neue Medium Computer zitiert und zu wenig eine eigene Geschichte vorangetrieben. Dennoch beeindruckt auch dieser Band durch seine Stimmung. Womit man bei einem weiteren Kritikpunkt der Geschichte angelangt wäre. Die gewählten Ausschnitte der Geschichte des 20. Jahrhunderts sind populistisch und tendenziös. Mitnichten wird hier ein komplettes Bild einer Zeit gemalt. Möglicherweise war das auch gar nicht die Intention Yslaires. Vielmehr gleicht es einer Sammlung von Assoziationen, die unkommentiert bleibt. So ist der Leser gezwungen, mit der entstandenen Emotionalität umzugehen - kein leichtes Unterfangen in unseren Tagen, wo gerade die Reflexion des Ich weder geübt noch gelehrt wird. Eine kritische Distanz zu der einseitigen Auswahl des Gezeigten sollte noch dazukommen.

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