"Darf man sich über Nazis lustig machen? Nein. Man muss!" - so die Einleitung zur Presseerklärung des Eichborn-Verlags zu Walter Moers Adolf-Comic.

Tatsächlich ist Adolf Hitler ein derart tabuisiertes Thema, dass man sich mit Fug und Recht fragt, ob die Tatsache, dass er sich so einfach zeichnen läßt, Grund genug sein darf, einen Comic zu fabrizieren: Nase, Augen, Mund, Bart, Ohr und Frisur - fertig ist der Henker von Millionen.

Aber wieder einmal enttarnt sich Eichborn als das, was dieser Verlag schon seit Menschengedenken unerkannt ist: Der Hort von Weisheit und Erkenntnis - man kann die historische Komponente, die Hitler ohne Zweifel ausmacht, nicht abarbeiten, indem man sie ignoriert.

Zumal Walter Moers in der bekannten Manier seiner spitzen Feder sich des Themas mit aller (Welt)Macht annimmt: Adolf ist bei ihm kein kleines Arschloch, sondern die alte Nazi-Sau, die er immer gewesen ist; nur bekommt er eben eine zweite Chance, als er unvermittelt aus dem Untergrund zu Besuch auftaucht und auf Prince und Michael Jackson trifft - "Äch bin wieder da!"

In acht kleinen Stories berichtet Moers dann, wie es Adolf seitdem ergeht. Er trifft auf Dr. Furunkel, der sich seiner Seelenqualen annimmt und ihn zunächst in die "Kochhölle des Dr. Biolek" schickt. Er bringt sein Tamagotchi um, weil er "de Japsen" noch nie leiden mochte, bekommt einen "ordentlichen Fick" verschrieben, der ihn aber nicht zum höchsten Glück, sondern nur zum alten Weggefährten Göring führt. Den hatte der CIA wiederbelebt, wofür er sich mit einigen kleinen Gefallen revanchieren musste: "Kennedy umlegen ... Martin Luther King ... Barschel .... Malcom X ... solche Sachen ... war eine schöne Zeit!" Im Crackrausch macht sich Adolf über Göring her - und bringt auch ihn um.

Im weiteren kauft die alte Nazi-Sau den Eiffelturm, wird Leibwächter bei Lady Di und Dodi, setzt aber auch bei diesem Job wieder nur die Karre an den Brückenpfeiler. Er wird von Ausserirdischen entführt und soll Mutter Theresa hernehmen, zerstört Godzilla-like Hiroshima und lüftet den größten Schwindel der Menschheitsgeschichte: Diana lebt!
Letztendlich wird er vor die Entscheidung gestellt, ob er die Welt zerstören möchte, oder nicht.

Moers schafft es mit Adolf nicht nur, ein Tabu zu brechen: Er trampelt duzentweise auf den Symbolen unserer vergeistigten Kultur herum und führt damit all die Integrationszeichen ad absurdum. Er mischt auf, rührt an und zieht Schlüsse, die an Genialität kaum zu übertreffen sind.

Dabei lacht sich der Leser, der von Seite zu Seite unverklemmter wird, schließlich schlapp über Dinge und Gedanken, die er ansonsten zum Kotzen finden würde.

Insofern kann uns allen nichts besseres passieren, als die angekündigten Fortsetzungen von Adolf die Nazi-Sau zu lesen: "Nazis auf dem Mars" oder Nazi-Saus "Reise durch die Zeit".

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