Schon wieder eine Fortsetzung, die mit dem Ausblick auf den nächsten Band endet. Meist hat man bis zu dieser Stelle 48 Seiten mit unterschiedlich guten Stories und Zeichnungen hinter sich und ärgert sich doch, dass es wieder kein rechtes Ende gibt. Aber Blueberry war schon immer ein herausragendes Comic und auch der neueste Band ändert nichts daran, dass man es Giraud nicht übelnimmt, wenn er sich für seine ausgefeilten Geschichten etwas mehr Zeit lässt.

Zwei Jahre hat es gedauert, bis "Geronimo der Apache" als Album in Deutsch vorlag. Davor zollten sowohl der "Steinchen für Steinchen"-Verlag als auch der Ehapa-Verlag einem Teil deutscher Comicgeschichte ihren Respekt und veröffentlichten die Geschichte im Zack-Magazin.

Wer Interesse an guten Geschichten im Western-Milieu hat, sollte sowieso zur Reihe Blueberry greifen, deshalb an dieser Stelle keine Informationen über die Story an sich.

Doch was auffällt, ist die Erzählweise von Giraud. Als er die Serie nach dem Tod des Texters Chalier allein übernehmen musste, bangten viele um die Qualität der Serie. Aber Giraud hat es geschafft, sowohl bei den Zeichnungen als auch bei der Story das hohe Niveau zu erhalten.

Der momentan laufende Zyklus ist eine Doppelgeschichte. Zwei zeitlich getrennte Ebenen erzählen einen Plot, in dem die Parallelen die wichtigste Rolle spielen; so auch im vorliegenden Band.
Zweimal befindet sich ein Gefangener in Todesangst; während die Indianer Blueberry nicht ohne Widerwillen am Leben lassen, erschießt der Kavallerist Potter kaltblütig einen gefangenen und verletzten Indianer. Ob Giraud mit dieser Technik mehr als nur eine Wild-West-Story erzählen will, müssen die folgenden Bände zeigen. Doch wer das Album aufmerksam liest, findet viele Möglichkeiten, sich tiefer mit der erzählten Historie zu befassen.

Zeichnerisch erinnert sich Giraud seiner Vorliebe, den Fluss der Bilder und der Story durch Paneel übergreifende Sprechblasen anschaulich zu machen. Text- und Bild-Dramaturgie gehen Hand in Hand, und so verzichtet der französische Meister bei zwei Seiten komplett auf Text, nur um in der Auflösung dieses Action-Parts zuerst mit Untertiteln, dann mit Sprechblasen (dem Werdegang des Textes im Laufe der Entwicklung des Mediums "Comic" entsprechend) die Dinge entscheidend weiter zu entwickeln.

Erfreulich unklar (hier als Gegenteil von "klischeehaft"), wenn auch nicht zögerlich oder unentschlossen, ist die Beschreibung des Geronimo. Ist er ein durchtriebener Halunke oder ein Heiliger, der mit der oft glorifizierten Spiritualität der Indianer reichlich gesegnet ist? Die Figuren des Conférencier und die des Mister Parker erinnern bei den Zeichnungen und den überbordenden Charakteren an die Moebius-Geschichten und fallen etwas auf.

Super Band der trotz nicht abgeschlossener Fortsetzung nach dem Lesen nicht dieses Gefühle der Leere hinterlässt. Wer Blueberry noch nicht kennt, sollte vor der Lektüre dieses Albums Band 33 "Mister Blueberry" und Band 36 "Schatten über Tombstone" lesen. Gehobener Western-Spaß garantiert (auch für den "Nicht-Western-Fan"-Beckmesser bestens geeignet)!

Beckmesser spricht:
Die auf Seite zehn mit Sternchen gekennzeichneten Textpassagen werden im Paneel links unten als "Authentique" bezeichnet; das ist französisch und bedeutet authentisch.

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