Ein wirklich leises Comic ist der Band "Geteilter Traum" von Daniel Bosshart. Comics ohne Worte kennt man vielleicht noch als Halbseiter aus der "Mickey Maus", doch ein ganzes Album ganz ohne Worte ist selten. DC versucht es manchmal - vielleicht ein Tribut an die große Menge der Analphabeten in Amerika?

Diese Comics ohne Sprechblasen (ist es dann noch ein Comic?) haben alle eine sensibles Auftreten, sie scheinen den Leser zum Denken zu zwingen - vielleicht haben sie es deshalb so schwer.

Im "Geteilten Tarum" wird die Geschichte eines Vaters mit zwei Söhnen erzählt. Die Brüder, der eine extrovertiert, der andere in sich gekehrt, leben rund um den Küchentisch und lassen ihren Vater an ihrem Leben teilhaben. Das erste Bild, das erste selbstkomponierte Lied, hier kommt alles auf den Tisch. In gleichbleibender Ruhe zeigen die fein eingefärbten Bilder, denen die eingestreuten perspektivischen Fehler und die bewusste Anlehnung an die naive Malerei einen unschuldigen Charakter geben, jeweils zwei Möglichkeiten, ein Thema zu bewältigen.

So schmeißt sich der eine Bruder an die Dame seines Herzens heran, umwirbt sie in Minnesänger-Manier, während der andere seine Liebe in eine Geschichte kleidet. Im weiteren Verlauf reifen die Kinder - oder sind es die Gefühle des Vaters - von kindlicher Unbekümmertheit zu jugendlichem Überschwang. Den Schluss bildet eine Szene, die durch die Dreiteilung - Bruder, Bruder und Vater - und die Brotteilung die Spiritualität der Geschichte hervorhebt.

Die Entwicklung des Charakters durch die Zeit der Pubertät mit ihren widersprüchlichen Gefühlen so friedlich dazustellen ist fast lebensfremd, wenn auch traumhaft schön. Somit hinterlässt der Autor den Betrachter in einer emotionalen Aufgeregtheit, die mit den eigenen Erinnerungen und Gedanken gefüllt werden muss.

Der Klappentext und das Vorwort beleuchten verschiedene Aspekte des Buches, doch beide scheinen der Geschichte nicht allzu nahe zu kommen. "Da hier keiner spricht, bleibt alles offen ...", ist eine irritierende Aussage, sagen die Bilder doch so viel über die zwei Herzen in einer Brust. Sie malen das schöne Bild des Einklangs, des möglichen Verstehens und Harmonierens unterschiedlicher und manchmal gegensätzlicher Gefühle. Zudem sprechen die Hände; es scheint, als hätte der Autor Erfahrung mit Taubstummen und der Gebärdensprache gemacht. Im Vorwort wird auf die autobiographischen Züge des Buches hingewiesen, jedoch die Kinderlosigkeit des Autors als Beweis für das Gegenteil herangezogen. Sind nicht auch die Bilder eines Malers und die Lieder eines Musikers seine Kinder, welche die Gefühle und Gedanken, das Innerste des Künstlers in sich tragen?

"Geteilter Traum", ebenso wie der Arbeitstitel "irgendselbstwiedazwischen", sind deutliche Hinweise darauf, dass es sich hier um die - möglicherweise durch die Brille des Alters geschönte - Aufarbeitung der Pubertät des Autors handelt.

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