Als Frank Miller 1991 mit einem Faustschlag die Comicwelt grafisch, wie narrativ in puncto Härte mitten in die Fresse traf und die Messlatte für harte Krimis ein derbes Stück höher hängte, waren Comicverfilmungen was für die sonntäglichen Kindervorstellungen im Kino. Vieles hat sich seit dem verändert, aber, dass sich gute Ideen mit der Zeit selber auffressen leider nicht. Das weiß Frank Miller nicht erst seit seinem Run in Daredevil und so scheint es nur konsequent, wenn der Schöpfer der härtesten Hard Boiled Serie der Comics nach fast zehn Jahren nach der ersten Sin City Nummer einen Schlussstrich ziehen wollte. „Hell and Back“ war seine längste und letzte Geschichte aus der sündigen Stadt - und seine gleichmäßigste. Konnten die ersten Gewalttaten noch für einen plötzlichen Schauer sorgen, erwartete man mittlerweile brutalste Tötungsszenen und war eher enttäuscht, wenn die Zahl der Leichen am Ende der Geschichte überschaubar war. Zeit aufzuhören, aber wie? Miller hatte mittlerweile mit „300“ ein weiteres Comic-Highlight geschaffen - warum also noch einmal Sin City? Weil es sich verkauft und vielleicht um eben den schon erwähnten Schlussstrich zu ziehen.

„Einmal Hölle und zurück“ liest sich trotz der nicht zu vermeidenden Morde und der blanken Titten ruhig. Sex und Gewalt sind mittlerweile zur Selbstverständlichkeit degeneriert und über Hügel hüpfende Autos fast schon zum Stilmittel geworden. Trotzdem schafft Miller es, den Leser zu überraschen. Bei den zu Beginn auftauchenden Helden fühlt man sich grafisch in einer Ausgabe von „300“ mit Batmobilen in Matchbox-Stilisierung versetzt. Die Geschichte erzählt von einem Zeichner, der nicht das Erwartete liefern möchte, es aber dennoch gezeichnet hat. Will der Autor hier etwas mehr erzählen? Dann agiert der Held plötzlich wie ein Bösewicht aus seinen ersten Sin City-Bänden - ein lautloser und fast unbezwingbarer Killer. Plötzlich das überspitze Frauenbild, das auch sein ein Jahr später entstandenes „DK2“ zeigt. Als es so richtig bunt wird, sammelt sich das Who Is Who aus Millers Schaffen: Robocop, 300, Ronin, Martha Washington - leider fehlen die DC Charakter Daredevil und Batman, aber auch Marvels Wolverine ist wohl aus lizensrechtlichen Gründen leider nicht zu sehen, aber wie hat es dann der gute Captain Amerika und der Hintern von Wonder Woman auf die Seiten geschafft? Diese Sequenz ist auf jeden Fall ein Fest für Zitate-Erkenner. Danach wird es langweilig und zu guter Letzt auch noch schwülstig. Mit einigem Abstand betrachtet ergibt das Alles aber ein verdammt durchdachtes und schlüssiges Bild und die Annahme, dass Miller seine Arbeit als Autor reflektiert und ein mögliches aber vermeidbares Ende seiner Sin City Reihe sieht und mit der letzten Ausgabe dann doch nur skizziert, lässt vor der Abgeklärtheit eines der ganz Großen des Genres erzittern. Und damit schließt sich auch ein Kreis, denn sein erstes Sin City Abenteuer war auf den ersten Seiten eine Reise durch Millers grafische Entwicklung bis zu dieser Zeit.

„Einmal Hölle und zurück“ ist sicher nicht der beste Sin City Band, aber ein wichtiger, lesenswerter und trotz der gezeigten Gewalt unterhaltender Comic. Nicht der Beste, weil er alleine bei weitem nicht so gut funktioniert wie nach der Lektüre der vorherigen Bände. Auch da Miller grafisch zu große Sprünge zwischen Bewährtem und Erwartetem, dann einigen Splashpages, die eher Seiten schinden als erzählen und später fahrig wirkenden Eigenzitaten macht. Wie schon erwähnt, das alles macht Sinn, aber nur in einem größeren Zusammenhang. Wer mit Miller anfangen möchte, sollte das nicht mit diesem Band machen. Miller-Fans sollten diesen Band akzeptieren, dass auch die beste Idee fade wird, wenn sie zu oft reproduziert wird - davor warnt Miller knappe 300 (schon wieder ein Zeichen?) Seiten intensiv, wie es nur Frank Miller kann. Und witzig, vielleicht auch ein wenig sexistisch, ist er dann auch noch, als er die Willigkeit einer der entblößten Damen nicht nur im Comic selbst, sondern auch auf dem Cover auf die Spitze getrieben darstellt. Aber auch das passt dann in die Idee, Erwartungen zuerst zu befriedigen, nur um den Leser dann an der Nase herumzuführen. Und einmal mehr lernen wir aufmerksamen Leser, dass zu willige und zu dem noch gut gebauten sexuellen Versprechen nicht zu trauen ist.

Die Galerie am Ende des Bandes ist wie immer bei Dark Horse Produktionen ein Leckerbissen. Neben Darrows Beitrag, der ja schon mit „Hard Boiled“ Millers Härte ein detailverliebtes und blutverschmiertes Gesicht gab, ist es das erste Comic-Bild der sonst nur für ihre Farben gerühmten Lynn Varley, das begeistert.

Und sollten mal Millers Finanzen eine Spritze benötigen, dann könnte es ja auch einen weitere Episode aus Sin City geben. In einer dreckigen Welt wie in Sin City gibt es immer ein nächstes Mal für alles, wenn die Kohle stimmt. Diese Geschichte ist übrigens schon bei Schreiber und Leser erschienen, passt aber im von Cross Cult gewohnten schönen kleinen Hardcoverformat der aktuellen Veröffentlichung besser ins Bücherregal.