Was erwartet man von einer Krimigeschichte? Morde, Action, Gerechtigkeit, Unterhaltung? Es ist schon eigenartig, wie eine Erwartungshaltung die Wirkung einer Geschichte beeinflussen kann. Sollte man also lieber erwartungslos an eine Geschichte herangehen? Wäre das der richtige Ansatz um eine Geschichte richtig zu verstehen, wären Rezensionen das schlechteste, was man lesen könnte. Aber hier wollen wir Lust auf ein sehr eigenständiges Comic machen, also bitte weiterlesen.

Torso handelt von Amerikas erstem Massenmörder oder Serienkiller. In Clevland verbreiten Leichen ohne Extremitäten Angst und Schrecken. Im Umfeld der Prohihition und der Wirtschaftskrise muss Elliot Ness eine schweren Job als Polizeichef annehmen. Den korrupten Beamten schwahnt nichts gutes, als der Capone-Jäger den Chefsessel einnimmt und edliche bestechliche Polizisten werden arbeitslos. Nicht die besten Voraussetzungen, um einen intelligenten Mörder zu jagen. Und mit dem hat es die Polizei hier zu tun.

Doch in diesem Comic ist nicht der eigentlichen Kriminalfall Hauptaspekt der Geschichte. Neben den vielen anderen Handlungssträngen wie etwas der Frage, wie findet der unbestechliche Ness sich auf dem Parkett der Politik zurecht, ist es die Erzählweise, die auf den 280 Seiten besticht. Es sind vor allem die kurzen aber prägnanten, lebendigen Dialoge, die mehr als die grausamen Morde fesseln. Fast schon die eher kargen Zeichnungen zerstörend winden sie sich über die Seiten. Entscheidende Wendungen werden auch mit Richtungsänderungen bei den Bilder verstärkt. Da muss man oft das Buch um 90° drehen, um weiter zu lesen. Ein sich im Kreise drehendes Verhör dreht sich auch wirklich im Kreis. Es wimmelt also von stilistischen Feinheiten, die mal mit, mal gegen die Geschichte den Leser zum Handeln zwingen, um die Geschichte weiter zu verfolgen. Das hat man so sicher nicht von einem Krimi erwartet.

Das Spiel mit Stilmitteln geht noch weiter. Die „normalen“ Bilder sind hammnerhartes Schattenspiel ohne Grautöne. Nicht in der Perfektion eines Kirby oder Miller, eher in einer realen, nicht künstlerischen Art eines Zeichenprogrammfilters. Dennoch bestehen einige Kapiteleinleitungen aus vergrößerten Rasterbildern, deren übergroße Punkte zu Beginn nichts erkennen lassen. Erst die Bewegung in die Totale lässt ein Bild entstehen. Die oft richtige Aussage, das erst das gesamte Bild eine Aussage zu lässt wird also durch das technisch unlogische des Rasters bei einem Bild ohne Grautöne kontrapunktiert.

Der semi-dokumentarische Anspruch des Comics manifestiert sich in den vielen original Fotos aus der Zeit, die oft als Bildhintergründe einmontiert sind. An sonsten reduziert sich die Bildsprache auf die Menschen. So auch die Geschichte, die oft eher die vielen kleinen Probleme des zwischenmenschlichen fokussiert und so der blutigen Rahmenhandlung eins ums andere Mal die Wichtigkeit nimmt.

Das die hier berichteten Geschehnisse auch politische Konsequenzen hatten, wird fast beiläufig erwähnt. Was die Frage aufwirft, was ist wichtiger – der einzelne Mensch mit seinen als klein dargestellten Problemen, oder die Probleme der Gesellschaft? Nicht leicht zu beantworten und um die drückt sich auch dieses Comic. Es zieht sich auf den letzten Seiten auf eine Berichterstatter-Position zurück und löst den Thriller mit einem so nicht dokumentiuerten Ende auf.