Comic verbinden viele Menschen mit der lustige Micky Maus, oder zumindest mit zeitvertreibenden Superheldengeschichten. V wie Vendetta ist weder lustig noch ein Zeitvertreib. Es ist ein Meisterwerk der Comic-Kunst und ein politisches Manifest. Vielleicht ist es auch mehr Letzteres und wird dadurch eben zu Ersterem. Klingt nicht ganz einfach? Ist es auch nicht. Besonders das Lesen macht eigentlich keinen Spaß. V will sicher auch keinen Spaß machen, dazu ist es einfach zu ernst.

Es handelt sich um eine postapokalyptische Vision eines Englands nach einem dritten Weltkrieg oder zumindest nach einer fast alles vernichtenden Explosion. Die wenigen Überlebenden versuchen das alte Leben zu führen, müssen sich aber den neuen Bedingungen anpassen. Verdorbene Ernte da die Felder überflutet wurden, der Zusammenbruch der Infrastruktur - das Ende der Welt wie wir sie kennen. Eine gewisse Sicherheit vor den plündernden Banden bieten Schutzvereine, aber nicht für lange. An Stelle der lokalen Zusammenschlüsse tritt schließlich ein England beherrschendes faschistisches Regime. Andersdenkende werden verfolgt und kaserniert. Es sieht sehr nach einer nur negativen Version des Deutschlands unter dem Dritten Reich aus. Nur negativ? „Es war ja nicht alles schlecht“ heißt aktuell in der realen Welt die Parole, da kommen Comics wie dieses vielleicht gerade recht.

In dem fiktiven England des Comics häufen sich plötzlich Morde an hochgestellten Funktionären der Partei. Und die Bombardierung eines Regierungsgebäudes wird von einem den Nachthimmel erhellenden Feuerwerk begleitet, das ein feuriges V an den Himmel malt.

Der Leser begleitet die sechzehnjährige Evey Hammond. Sie arbeitet in einer Munitionsfabrik, doch das Geld reicht nicht zum Leben. Also versucht sie ihren Körper zu verkaufen, gerät aber an einen Polizisten, der sie mit seinen Kollegen vergewaltigen will. Sie wird von einem Maskierten gerettet. Er steckt hinter den Morden und den Anschlägen. Aber warum begeht dieser Mann diese Terrorakte? Klar, das verraten wir hier natürlich nicht.

Formal ist der fast dreihundertseitige Band in drei Abschnitte unterteilt. Die ersten knapp hundert Seiten sind ordentliches Polit-Comic, recht vorhersehbar und tendenziös, aber Sprechblasen mit gewollt politischem Inhalt gibt es ja leider eher selten. Hier erkennt man die Intention sofort. Die Kritik an der alles erduldenden Gesellschaft, die sich eher gerne bevormunden lässt ist nicht neu, aber leider immer wieder richtig. Dieses Kapitel werden leider nur die hartgesottenen Linken mit Genuss lesen können, der Rest der interessierten Comicfreunde könnten sich nach dem Ende von Teil eins schon von dieser Geschichte zurückziehen, wäre da nicht der Preis von 24 EURO gewesen. Wer so viel bezahlt hat (viel Geld aber sein Geld wert und V gabs auch schon teurer), möchte für sein Geld auch etwas geboten bekommen. Und das mit Recht, scheint sich auch Autor Alan Moore gedacht zu haben. Denn in Teil zwei wird er härter, reduziert sich auf die Befreiung von Evey und macht das in einer schonungslosen Weise. Hier wird Moore psychologisch und erbarmungslos. Kaum Blut und gar keine Gedärme, aber unter die Haut gehende Folter. Und ein kleiner Exkurs in die Philosophie. Wie schon in unsäglichen Kriegs- (von mir aus auch Anti-Kriegs-) Filmen ist es der Folterknecht, der in die Methaphysik abdriftet. Doch hier nicht nur um dem Voyour die Zeit des Geniessens zu verlängern, sondern um grundsätzliche Fragen nach dem Selbstverständnis des eigenen Handelns zu erörtern. Heftig im Anspruch und auch nicht leicht zu lesen. Trotzdem voll empfehlenswert, denn an Gewalt kommt man in unserer Welt leider nicht vorbei. Dann doch lieber mit dem Zwang darüber nachzudenken als nur zur puren Zersteuung wie zum Beispiel in Prügelspielen.

In Teil drei bricht dann alles zusammen. Die faschistische Ordnung, die persönlichen Intrigen, die Welt im Allgemeinen und natürlich auch der Held. „This is the end my friend“ um es mit einem musikalischem Zitat zu sagen, von denen es etliche in diesem Comic gibt. Nach den letzten Seiten einer Geschichte ist man entweder gut unterhalten oder irgendwie in einem emotionalen Loch. Da Moore wohl nicht unterhalten wollte, bleibt nur noch die tiefe Depression im Herzen des fühlenden Leser zurück. So ist man fast dankbar um die beschwichtigenden und emotionslosenen Zeilen des Aufsatzes „Hinter der Maske“ in der Moore selber etwas zur Entstehungsgeschichte von „V für Vendetta“ schreibt.

Über die Zeichnungen haben wir noch nicht viel gesagt. Sie sind zweckmäßig und englisch. Wie Schattenrisse, ohne Grautöne und schonungslos. Die Seitenaufteilung ist in klassischen Quadraten ohne Denkblasen und Soundwords. Schlicht und schnörkellos, scharf und gemein. Die nicht umrahmten Sprechblasen zerschneiden oft die Bilder und zerstören die Panels und machen einige Bilder nur schwer erkennbar. Ein weiteres treffendes Adjektiv ist noch düster.

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