"Wenn Du noch mal von vorne anfangen könntest, was würdest Du anders machen?" In der Werbung ist die Antwort genauso einfach wie dämlich, wer allerdings den Rückblick auf sein Leben, egal ob schon alt oder noch jung, etwas sinnvoller angeht, wird bald merken, dass es mit den Begriffen Gut und Böse – normalen Strukturen einer normalen Geschichte - nicht zu machen ist.

Da sind Begegnungen und Erlebnisse, die mit Freude oder Schmerz verbunden sind, und ist es nicht auch genau das, was eine gute Geschichte ausmacht – Gefühle? Aussage ist okay, stört aber, wenn zu dick aufgetragen wird wie bei Endes Momo. Sind es nicht die Tränen und das seltsame Gefühl im Bauch, das man nach einem guten Buch noch in Erinnerung behält?

Fabian Stoltz "Punkrock" ist Emotion. Kein Herunterleiern von Klischees wie Buttons und farbigen Haaren. Hier erzählt ein Schüler vom normalen Leben in einer kleinen bayrischen Stadt. Dem Versuch, etwas anders zu machen, den Reibungen dabei und irgendwie auch von der begleitenden Ziellosigkeit.

In groben aber erzählenden Bildern erleben wir den Aufstieg und Fall der Band GenXY. Von der Schnapsidee über das Gesprächsthema in der Schule bis zum Eklat beim ersten großen Auftritt und dem folgenden Zerfall der Band. Obwohl die Geschichte einem Spannungsbogen folgt, wirkt sie verdammt authentisch. Da sind sogar unter den Hauptpersonen der Geschichte Arschlöcher und Weicheier, weit weg von der Überzeichnung eines Anti-Helden. Echte Menschen eben. Und so fehlt am Ende eine Moral. Was ein Glück.

Die Geschichte geht in Band eins der Reihe weiter – klingt komisch – ist aber so. Da gibt es mehr Rückblicke und weniger Handlung, so behauptet jedenfalls der Autor. "Griechenland" heißt das Heft und ist wesentlich poetischer. Wo "Punkrock" eine fast konstruierte Geschichte zu sein scheint, ist "Griechenland" einfach nur ein in Striche gefasstes Gefühl. Und mit sechs Euro auch noch teurer. Aber limitierte Kleinode haben eben ihren Preis. Wer Geld und Gefühle hat, sollte sich die Hefte mal anschauen!




Kommentar:

Auch wenn in "Punkrock" fast nichts nach Punk aussieht, ist es das Auflehnen gegen Verhasstes und Langweiliges, das "Selber Machen", das "Einmal was Anderes Sein", was den Punk damals schnell groß gemacht hat. Es war einfach, seinem genauso unbegabten Idol gleich zu sein, und es hat Spaß gemacht, bis Arschlöcher das Ganze kaputt gemacht haben, oder einfach die Luft raus war. So einfach, so banal und weltbewegend. Fabians Comics sind ein Stück Tagebuch – ziemlich persönlich und deswegen gehen seine Geschichten unter die Haut. Entweder verdammt gut gemacht oder eben echt.

Mich stört nur die verniedlichende Anlehnung des Logos an das Symbol der RAF. Die waren keine Helden der Revolution und gehören auch nicht auf ein Denkmal. Da ist sehr viel schief gegangen und aus dem Ruder gelaufen. Daher finde ich trotz meiner Sympathie gegenüber linken Theorien und Lebensweisen das kritiklose Zitieren an dieser Stelle nicht gut.

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