Ist es nicht schön, dass man immer um die Weihnachtszeit einen schönen neuen Trickfilm im Kino sehen kann? Disneys Streifen zum Fest 2001 hieß "Atlantis" und ging neben "Harry Potter" und "Herr der Ringe" ganz getreu dem Filmtitel in den Wogen des Kinogeschäfts unbemerkt unter. Eigentlich Schade, denn der Film war gar nicht mal schlecht.
Besonders für Freunde der Comics gab es Design von "Hellboy"-Erfinder Mike Mignola endlich mal bewegt und in Übergröße zu sehen. Und irgendwie sahen die Figuren des atlantischen Königs und von Miss Sinclair aus, als kämen sie direkt aus der Feder von Moebius. Insbesondere der Schluss des Films, als die steinernen Wächter der Stadt das Schutzschild erneut aufbauen, ist ein Fest für Mignola-Fans (zu denen sich der Autor offenherzig bekennt). Dazu noch das Fehlen der Gesangsparts, nur Donavans kultiges Atlantis-Lied wurde von den "No Angles" im Abspann verunglimpft. Dass Computergrafiken die Trickfilm-Bilder ergänzen ist ja auch nichts Neues mehr, und seit Filmen wie "Shrek" oder "Final Fantasy" müsste der Begriff des Trickfilms mal neu definiert werden.

Soweit zum Film, nun zum Comic. Ehapa widmet dem Streifen gleich drei Hardcover-Alben. Eine wirklich repräsentative Präsentation. Und der erste Band macht auch wirklich Spaß. Drei Geschichten rund um die Akteure aus dem Film gibt es zu lesen. Zuerst erleben wir, wie Professor Thatch das Buch ausfindig macht, dann seiner Aufzeichnungen beraubt wird und trotzdem des Rätsels Lösung bewahrt. Mit diesem Plan begeben sich die Schatzsucher unter Führung von Commander Rourke auf eine kleine Insel in ein verlassen scheinendes Kloster. Hier kommt es zu einem weiteren Kampf um das Geheimnis von Atlantis, denn eine weitere Gruppe von Glücksrittern ist Rourkes Mannschaft dicht auf den Fersen. In der dritten Geschichte wird die Liebe zum Dreck und zum Gestank für den Maulwurf des Teams Grund für ein unfreiwilliges Bad. Netter Abschluss des ersten Bandes.

Nicht ganz so positiv ist die Gestaltung der Geschichten gelungen. Können die ersten Seiten noch mit Bildern im Film-Stil glänzen, sind die folgenden Geschichten immer schlechter gezeichnet, was seinen traurigen Höhepunkt im dritten Band findet, der teilweise richtig weh tun kann. Aber im ersten Album ist die Welt noch ziemlich in Ordnung.
Die Finger sind genauso eckig wie im Film, auch die dreieckigen Fingernägel fehlen nicht. Herrlich auch die Verrenkungen von Whitemore. Leider wurden die schönen Computergrafiken des Films nicht übernommen. Dadurch wirkt die Ulysses krumm und unfertig. Ein weiterer Unterschied zum Film: Der Geologe Boudlaire (?) heißt hier Moliere. Das aus dem amerikanischen gut übersetzte Wortspiel (Mole für Maulwurf = Moliere | Boudlaire von Buddeln; im Sand spielen) fehlt leider im Comic. Es scheint, als wäre zum Zeitpunkt der Produktion des Comics der deutsche Film noch nicht fertig übersetzt gewesen. So kommt es wohl auch, dass im zweiten Band einige Wortspiele mehr zu finden, als in der deutschen Kinoversion zu hören sind.

Damit wären wir auch beim zweiten Band. Der bietet, übrigens anders als am Ende von Band eins angekündigt, zwei Geschichten. Zum Einen die Jungfernfahrt des U-Boots Ulysses, seltsamerweise mit Milo, dem Held der Geschichte. Seltsam, den er lernt Whitemore, sein Schiff und dessen Mannschaft im Film erst später kennen. Spätestens hier wird klar, dass die einzelnen Geschichten nicht im Sinne eines großen Abenteuers gemacht wurden, sondern als eigenständige Plots rund um bekannte Angelpunkte. Dann die etwas hastig erzählte Film-Geschichte. Ohne den Film gesehen zu haben, sind einige Stellen nicht richtig zu verstehen, aber das war schon immer ein Problem bei Comics zum Film. Trotzdem genau wie Band eins gut zu lesen mit guten Zeichnungen.

Um diese Rezension nicht zu einem Verriss werden zu lassen, soll der dritte Band nur kurz erwähnt werden. Nach der guten ersten Story um ein missverstandenes See-Monster mit ziemlich plattem Happy-End wird es düster. Schwamm drüber, muss man ja nicht gelesen haben.

Alle drei Titelbilder ergeben ein durchgehendes Bild, nett gemacht. Aber warum ist beim ersten Titel Rourke so grau? Sieht so aus, als wäre der Schwarz-Auszug einfach vergessen worden.
Um die Fehlerliste zu vervollständigen gibt es an einer Stelle einen deutlichen Schreibfehler – sollte auch nicht sein.

Somit hinterlässt dieses Comic einen mehr als zwiespältigen Eindruck. Zwar wurde die Idee, die Film-Story im Comic noch auszubauen, besser umgesetzt, als das beim "X-Men"-Film der Fall war, aber die vielen Fehler, die zum Schluss schlechten Bilder und die unlogischen Stellen in den nicht kontinuierlich aufgebauten Einzel-Storys sind noch nicht das Wahre.